FASTVOICE
Moderator & Sprecher Wolfgang Messer
über die spannende Frage:
Wie kommt man eigentlich zum Radio?
(for the english version click here)

Mmhh - heutzutage am besten so: Kein unnötiger Bildungsballast, Verzicht auf Bezahlung, freiwilliges Waschen
des Chef-Firmenwagens am Wochenende, gute Kenntnisse der Automations-Software, flüssige Aussprache des
Begriffs "Voice tracking" und ab und zu mal ein Blick in die Bild-Zeitung. Früher ging das auch anders (hört, hört,
Opa erzählt von früher!): Die ersten "Rundfunk"-Versuche waren Mitte der 70er des vorigen Jahrhunderts auf 27
Mhz mit 40 Kanälen und 5 Watt AM (nannte sich eigentlich CB-Funk; wenn ich 28 Kanäle weniger und ein Zehntel
der Sendeleistung gehabt hätte, wär's sogar legal gewesen - petzen sinnlos, ist schon verjährt).

cb

Immerhin konnte ich bei Überreichweiten vom geschmackvoll tapezierten Jugendzimmer aus bis nach Hampton/
Virginia funken - mit Verstärker-Mikrofon (oben links) und 5/8-Lambda-Fiberglas-Antenne auf der Terrasse. Ein störungs-
freier Fernsehempfang war dabei im gesamten Haus natürlich nicht mehr möglich. Nach ein paar Jahren hinterliessen
aber Glam-Rocker wie Gary Glitter, Schock-Rocker wie Alice Cooper und Gitarren-Götter wie Nile Rodgers ihre Spuren.
Statt Funk (deutsche Aussprache) gab's bald Funk (englische Aussprache). Dank Ferienjob konnte ein Mischpult
gekauft werden, eine E-Gitarre war schon da und ein handwerklich geschickter Bekannter baute (leider nach meinen
Plänen) eine gigantische Gitarren-Box, die übel klang, aber auch heute noch alle EU-Kubikmeter-Vorschriften
zur Unterbringung von Fleckvieh erfüllt. Etwas kleiner zu sehen ist unten in dem immer noch geschmackvoll tapezierten
Jugendzimmer mein erster "Synthesizer" - ein Casio VL-1, mit dem auch die Band Trio ihren Hit "Dadada" untermalte.

musikzimmer1

Das elterliche Zuhause bot bald zu wenig räumliche und akustische Entfaltungsmöglichkeiten, also musste erstens
ein Job her und zweitens eine eigene Wohnung (um hier mal den Begriff Bruchbude zu vermeiden). Die Lokalzeitung
"Badisches Tagblatt" war risikofreudig genug, einem frischgebackenen Abiturienten mit miserablem Notendurch-
schnitt ein zweijähriges Redaktions-Volontariat anzubieten (im nachhinein: Herzlichen Dank, Herr Guba!). Geholfen
hatten dabei aber frühere journalistische Versuche als Herausgeber einer Schülerzeitung namens "Spectrum" -
rein werbefinanziert (gute Übung für's Privatradio) und in einer Monats-Auflage von 1.000 in allen Rastatter Gymnasien.

linotype  reporter

Beim Badischen Tagblatt gab's ab 1981 das volle Programm: Artikel schreiben und redigieren am damals noch nagelneuen
Text-Computer von Linotype (etwa so gross wie meine Gitarrenbox, schrieb grün auf schwarz) in verschiedenen Lokal- und
"Mantel"-Redaktionen, Einsatz als rasender Reporter (rechts), Fotografieren, Filme entwickeln, Bilder vergrössern,
recherchieren, und daneben immer mal wieder als "Disc-Jockey" bei verschiedenen Veranstaltungen der Zeitung aktiv.
Die inzwischen zusammengekaufte und -gebastelte Sound-Anlage kam ausserdem mitsamt dem kurzzeitig Vollbart-
tragenden Besitzer (auweia!) bei Live-Konzerten verschiedener Bands im Raum Rastatt zum Einsatz -  das "Mischen"
machte zunehmend Spass und wurde ausserdem noch bezahlt (naja - meistens).

livemix  dj

Wenn dann noch etwas Zeit blieb, wurde das zweite Hobby Motorsport bedient - mit der Enduro im Gelände und
als Auto- und Motorrad-Tester für das Badische Tagblatt und die Zeitschriften "Motorrad", "mo - das Motorradmagazin"
und "Enduro"  (z. B. der Test zum 10jährigen Jubiläum des Enduro-Klassikers Yamaha XT 500, Bild unten rechts).
Manche Termine auf diesem Sektor konnten multimedial genutzt werden: Über das damals grösste Motorradtreffen in
Deutschland auf dem Contidrom bei Hannover wurde nicht nur im Badischen Tagblatt, sondern auch in "Motorrad" und
mit einem (grottenschlechten) Kurz-Korrespondentenbericht im SWF 3-Pop-Shop berichtet - mein erster Radio-Auftritt
- hurra! Das Musikmachen spielte danach nur noch eine untergeordnete Rolle, zum Beispiel bei Silvesterparties mit
durch Alkohol willenlos gemachten Gästen, die zum Zuhören gezwungen wurden (unten links). Insider und Experten
entdecken auf diesem Bild trotzdem einen hervorragenden Rastatter Musiker (kleiner Tipp: Nicht im Vordergrund,
sondern links hinten).

Gitarre  XT  

"Auf zu neuen Ufern" hiess es Mitte der 80er: Die Deutsche Bundespost hatte den Internet-Vorläufer Bildschirmtext (Btx)
gestartet, Anfang der 80er als Feldversuch in Berlin und Düsseldorf im Videotext-ähnlichen "Prestel"-Standard, später im
bundesweiten Regelbetrieb mit der etwas aufwändigeren CEPT-Norm. Das Badische Tagblatt engagierte sich hier mit einer
eigenen Division namens "TeleSüd" (Seitenbeispiel unten links) als Content-Anbieter, inclusive umfangreichem News-Teil,
der bei besonderen Anlässen (Olympia etc.) sogar 24 Stunden durchgehend aktualisiert wurde - hier konnte ich die wirklich
minuten-aktuelle Redaktionsarbeit lernen, die es so bei der Tageszeitung nicht gibt. Noch aktueller ging's dann 1986 zu:
Das gemeinsam vom Südwestfunk und einigen Zeitungsverlagen (natürlich auch mit dem BT, das ja immer freudig alles Neue
mitgemacht hat) getragene "Stadtradio Freiburg" bot ein vierwöchiges Praktikum an, das ich gerne annahm. Die damals
entstandenen Airchecks von meinen Lokalnachrichten und Reportagen werden inzwischen von Terror-Regimes weltweit
zur Folter von Gefängnisinsassen eingesetzt. Egal, zum Lernen war's okay und der Hörer selbst schuld, wenn er dranblieb.

telesüd  musikzimmer

Das private Wohnzimmer (rechts oben) hatte sich inzwischen in ein mittleres Produktions-Studio verwandelt, in dem im
"Ping-Pong"-Verfahren mit zwei Cassetten-Recordern hochkomplizierte und völlig verrauschte Aufnahmen entstanden.
Die Menge der eingesetzten Effektgeräte (siehe Boden) verhielt sich im übrigen umgekehrt proportional zu den musikalischen
Fähigkeiten. Mindestens genauso chaotisch wie bei diesen Produktionen muss es in dieser Zeit auch beim Basteln der
gesetzlichen Grundlagen für privates Radio in Baden-Württemberg zugegangen sein. Oder wie soll man sonst erklären,
dass unwirtschaftlich kleine Sendegebiete auch noch an jeweils mehrere Lizenzbewerber vergeben wurden? Einer davon
war (natürlich) die Lokalzeitung, bei der ich immer noch angestellt war. Und weil ich genau wie diese Zeitung ja auch immer
jeden neuen Mist mitmachen muss, ging's nach fünf Zeitungs-Redakteursjahren 1988 an den Aufbau eines Lokalsenders
namens "Radio Merkur". Kaum zu glauben, aber die ersten Testsendungen auf 100,9 Mhz vom Baden-Badener Merkur
entstanden in genau dem"hochprofessionellen" Studio rechts oben - der Sender selbst hatte damals noch keinerlei Technik.

merkur  studio 1

"Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen" hiess es dann aber bald bei diversen Aussenübertragungen in Kauf-
häusern der Region (oben links), im Rastatter Studio wurden bis zu 7 Stunden Programm pro Tag produziert, der Rest
kam von RTL Radio in Luxemburg, das uns Radio-Frischlingen vor Sendestart auch ein paar Wochen Schulung schenkte.
Ein raketengleicher Aufstieg in der Senderhierarchie folgte - vom stellvertretenden Studioleiter zum kommissarischen,
wegen erwiesener Unfähigkeit des "echten" Studioleiters, der hochkant zurück zur Zeitung komplimentiert wurde.
Da meines Erachtens aber nicht alle Radio-Unfähigen des Senders - insbesondere aus der Geschäftsführung - in
geeignetere Branchen wechselten, nahm ich selbst Ende 1988 meinen Abschied und das Beste mit, was der Sender
zu bieten hatte: Eine extrem fähige Tontechnikerin namens Iris Trenkler. Zusammen wagten wir den Weg in die
Selbständigkeit - unter anderem mit zwei nagelneuen Tonbandmaschinen namens Revox PR 99 MK III mit Butterfly-
Tonköpfen (ganz wichtig: 0,75 mm Trennspur wegen der ARD-Norm - heute kräht noch solchem Firlefanz kein Hahn mehr).
Sehr schön zu sehen im Bild des ersten Spectrum-Studios oben rechts: Die Telefone hatten damals noch meistens
Wählscheiben (for further information visit Deutsches Telefon-Museum). Fleissig wurden Aufträge zur Produktion
von Radiowerbung akquiriert, sogar Sendezeit gekauft und nebenbei frei für Sender gearbeitet - zuerst bei Radio Merkur
und später auch für "Radio 7 Victoria" in Baden-Baden (links unten).

victoria  studio 2

Die Spectrum Wort- und Musikproduktion wurde offiziell 1989 gegründet, zuerst als GdbR, später - nach Umzug in ein neues
Studio in Sinzheim (oben rechts) - als GmbH. Das Geschäft lief bald ziemlich gut, die riesige Doppelglas-Trennscheibe zwischen
Regie-Saal und Sprecher-Raum konnte innerhalb eines Jahrzehnts refinanziert werden. Anders gesagt: Beim nächsten
Umzug ins verträumte Bühlertal ging's dann auch zwei Nummern kleiner - man sollte Sprechern nicht unbedingt mehr Platz
und Sicht einräumen als dem deutschen Schäferhund in Zwingerhaltung - kostet nur das Geld der Kundschaft und die hat
bekanntlich keins mehr. Dafür gab's bei uns kostenlos den Ausblick über's Rheintal bis zu den Vogesen - unbezahlbar.

studioblick  SWR-Studio
Fotos: W. Messer/R. Lemke (SWR 1)
                
Nach jeweils etwa vier Moderations-Jahren bei Radio Victoria, RPR 1 und Radio Regenbogen (dann gab's entweder den
Sender nicht mehr, oder die Sendung oder die Redaktionsleitung, die den Moderator mal eingekauft hatte) war ich von
September 2001 bis Dezember 2009 bei SWR 1 zu hören, bis Ende 2003 im Auftrag der Spectrum GmbH, ab Januar 2004
als "fester Freier" als Moderator und ab und zu auch Redakteur der gemeinsam für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg
in Baden-Baden produzierten Sendung "Die Nacht" (werktags 0-5, sonn- und feiertags 0-6 Uhr, jeweils auch für Radio Bremen 1)
und als einer von vier "Kopfhörer"-Moderatoren (Montag bis Freitag 22.30-24 Uhr). Seit Anfang 2009 bin ich auch ab und zu im
Fernsehen zu hören - als deutsche Off-Stimme in den Hauptnachrichten von ARTE TV in Strasbourg.

Außerdem werden (seit Frühjahr 2010 vom neuen Fastvoice-Studio bei Baden-Baden aus) Sprachproduktionen für Firmen in alle
Welt verteilt  -  von der deutschen Telefonansage einer Flaggen-Firma in Schottland bis zur deutschen Sprachspur der Werbe-CD
eines Agrarmaschinen- Produzenten aus der US-amerikanischen Provinz. Meine Stimme war auch schon im Fernsehen und im
Kino zu hören und natürlich bei zahlreichen Radio-Werbespots zwischen Flensburg und dem italienischen Gardasee (ja, auch da gibt's
deutschsprachige Werbung im Radio). Wenn Sie ebenfalls Produkte, Dienstleistungen oder eine Medien-Produktion haben,
für die Sie mich buchen wollen, dann können Sie mir das an diese E-Mail-Adresse mitteilen.

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